Schlagwörter
Bücher, Depression, Emotionen, Kurzgeschichte, Medien, Psychologie, Schreiben
Der Raum ist klischeehaft schlecht belichtet, sodass sich seine Größe lediglich erahnen lässt. Vielleicht erstreckt er sich endlos weit in eine unendliche Dunkelheit. Vielleicht ist er nur eine vergessene Abstellkammer irgendwo in einem Mehrfamilienhaus voller Junkies, Ausreißer und anderer Alltagsversager, welche die Gesellschaft nicht haben will und in die nächstgelegene Gosse ausspuckt. In Wahrheit ist dieser Raum ein abstraktes Abbild einer Verhörzelle.
Als ich die Tür öffne, schlägt mir die abgestandene Luft eines übervollen Aschenbechers, der auf einem schlichten Tisch aus Kunststoff steht, in das Gesicht. Die einzige Lichtquelle ist ein aufgeklappter Laptop, der sich daneben befindet. Ich trete ein, schließe die Tür und ziehe meine Waffe, Standardausführung, neun Millimeter. Einen kurzen Augenblick verharre ich im Schutz der Dunkelheit, versuche den dicken Kloß in meinen Hals herunterzuschlucken; versuche mir die richtigen Worte zurechtzulegen, aber sie bleiben bereits stecken, noch bevor ich sie formen kann. Ich stoße die Luft aus den Lungen. Dann gehe ich langsam auf den Tisch zu. Ich setze mich auf den Plastikstuhl, lege die Waffe neben den Laptop und krame in meiner Hosentasche nach der Packung Zigaretten. Für einen kurzen Augenblick gesellt sich die Flamme eines Benzinfeuerzeugs zur tristen Beleuchtung des leeren Textdokuments auf dem Bildschirm des Laptops hinzu. Ich ziehe den Rauch tief in meine Lungen, genieße den Augenblick mit geschlossenen Augen, als sich meine Luftröhre fast schon schmerzhaft zusammenzieht, während ich gegen den Drang kämpfe, meinen Gefühlen freien Lauf zu lassen. All die Wut, die Trauer, der Schmerz und die Angst, die sich über die Zeit angestaut haben. Aber ich lasse es nicht zu. Schließlich richtet sich mein Blick entschlossen auf den Monitor. Weiterlesen